Am Ende der Welt

Leichter Nieselregen, ein ausgestorbener Flughafen, erstes Tageslicht und ein Becher Nescafé-Sirup empfangen uns morgens um 5:15 Uhr in Punta Arenas. Wir realisieren vor lauter Müdigkeit der letzten 30 Stunden erst vage, dass wir nun tatsächlich mit all unserem Bagage angekommen sind! 

Ein Taxifahrer will sich das Geschäft nicht entgehen lassen und versucht übermotiviert unsere riesigen Kartonschachteln in sein Auto zu quetschen. Und tatsächlich mit geöffneten Fenstern passen die Schachteln auf die Rückbank. Mit entsprechender Heizung lässt sich der Fahrtwind etwas überspielen und wir brettern mit den beiden Taxis über die noch leeren Strassen in die verschlafene Stadt.
Auch bei unserem Hostel regt sich noch kaum was, doch Eduardo empfängt uns herzlich als ‘locos locos’ so früh morgens anzukommen.  Wir schaffen es noch knapp die Treppe hoch in ein farbiges Zimmerli und fallen sofort in einen tiefen Schlaf. So sollen auch die nächsten Tage aussehen: Schlafen, etwas durch die Stadt schlendern, Café trinken, kulinarische Köstlichkeiten ausprobieren und wieder schlafen! Die letzten Monate hatten es doch etwas in sich. 
 Punta Arenas

Punta Arenas


Wir fühlen uns richtig wohl in Punta Arenas: das etwas verschlafene Städtli hat seinen Charme und passt perfekt zu unserer Stimmung! Alles tranquillo! Die Stimmungen mit dem sich fast stündlich wechselnden Wetter sind genial: von ganz sonnig und mild, über graue Weltuntergangsstimmung bis hin zum Sturm, welcher das Haus zum wackeln und Fussgänger fast zum Umblasen brachte (mit Böhen über 100 kmh), haben wir in den letzten Tagen alles erlebt. Die Locals und Touris lassen sich bestens am Verhalten bei Wind und Wetter unterscheiden: die einen sind eingepackt von Kopf bis Fuss,  ziehen die Schultern bis zu den Ohren, die anderen laufen mit dem Anzug durch den Regen; eine Daunenjacke scheint für alle zur Standardausrüstung zu gehören.

Wir gehen alles ganz gemütlich an, geniessen es so Zeit zu haben und entscheiden uns für eine geführte Tagestour nach Feuerland, anstatt dies bereits mit den Velos zu machen (- wir fahren schliesslich immer in Richtung Norden der Sonne entgegen). So werden wir von einem Minibus abgeholt und fahren mit einer kleinen Gruppe und einem aufgestellten Herzblutchauffeur los. Bei schönstem Sonnenschein und ruhiger See (zum Glück, nach den Wellen, die wir schon gesehen haben) überqueren wir die Magellanstrasse. Hügelzüge am Horizont, wunderschöne Wolkenformationen und schliesslich eine Gruppe Delfine begleiten unsere Überfahrt. 
 Delphine begleiten unsere Fähre

Delphine begleiten unsere Fähre

Von braun-goldenem Gras überwachsene karge Landschaften, zwischendurch ein sehr windverblasener Baum, ein schiefes Häuschen und sonst nichts: die unendliche Weite begeistert uns! 
 Die unendliche Weite Feuerlands

Die unendliche Weite Feuerlands

Auf einer staubigen einsamen Schotterpiste düsen wir hinauf und hinunter der Küste entlang vorbei an einsamen Buchten mit Aussicht auf die dunkelblau glitzernde Magellanstrasse. Und da in ei ner Lagune stehen neben den vielen Lamas, sogar Flamingos! 
Unser eigentliches Ziel erreichen wir etwas durchgeschüttelt in einer riesigen Bucht und ‘in the middle of nowhere’. Zwei Barracken markieren den Eingang; ein aufgestellter Parkranger begleitet uns auf dem markierten Weg durchs braune herbstliche Gras an die Küste. Und da stehen sie, liegen sie und scheinen auch die Sonne und Wärme zu geniessen: die Königspinguine! Es scheint fast unecht sie so in der Natur zu sehen – und die Antarktis scheint näher denn je! 
 Königspinguine! In freier Wildbahn!

Königspinguine! In freier Wildbahn!

Ihr Watschelgang, wenn sie schön aufgereiht vom Meer zurück kommen mit ihrem dunklen Frack, die Jungen, die in ihrem Flaum noch schön eingepackt sind und sich an die Elterntiere kuscheln, und die Rufe mit zum Himmel gestrecktem Kopf faszinieren uns und lassen uns immer wieder schmunzeln! Wir geniessen die für Feuerland sommerliche Stimmung und realisieren langsam, dass wir nun unterwegs sind. 
Wir üben uns in Pinguinhaltung

Wir üben uns in Pinguinhaltung

Über weitere Holperpisten gelangen wir am Abend zurück zur Magellanstrasse. Vorbei an einer der ersten Farmen Patagoniens, die zwar heute nicht mehr so fit aussieht, jedoch den grossen Ruhm vor über hundert Jahren erahnen lässt, düsen wir schlafend durch die wunderbare Abendstimmung in Richtung Punta Arenas.
 Die erste Farm Patagoniens, gegründet 1876.

Die erste Farm Patagoniens, gegründet 1876.


Inzwischen sind auch unsere Velos aus ihren Kisten befreit und wohl auf! 
 Wenn der Schädel mal nur ein gutes Ohmen ist...

Wenn der Schädel mal nur ein gutes Ohmen ist…

Im Grillschuppen zwischen Stierschädeln, ausrangierten Spielzeugautos und eben einer grossen Grillschale platzieren wir jedes Schrüübeli und füllen die Schläuche mit Luft. Die Einzelteile werden langsam wieder zu einem Ganzen; so weit scheint alles in Ordnung zu sein.
 Jedes Schräubchen findet wieder seinen Platz

Jedes Schräubchen findet wieder seinen Platz


Im Hostel  treffen wir auf viele Velöler und Motobiker: die Vorfreude steigt! Und wir sind mit unserem Projekt in sechs Monaten bis nach Peru völlig 0815😊Wir haben normale Velos, kein Einrad, sind ‘nur’ ein halbes Jahr unterwegs, fahren den Strassen entlang und wandern nicht alles prinzipiell geradeaus und sind typisch schweizerisch super ausgerüstet. Wir freuen uns unsere Velos bald dreckig werden zu lassen und fahren in den nächsten Tagen (je nach Wind und Fitness) los in Richtung Puerto Natales!

14 thoughts on “Am Ende der Welt

  1. Hallo ihr beiden,
    Ich freu mich riesig, dass ihr nun starten könnt und dass ich eure Reise online verfolgen kann – viel Spass und herzliche Grüsse nach Patagonien!
    Liebe Grüsse,
    Brigitt

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  2. Liebe Corinne und Christoph, toll, dass wir euren Trip miterleben dürfen. Wir warten gespannt auf die Fortsetzung und wünschen euch viel Glück. Dora und Urs

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    • Hoi Käthy, wir gratulieren euch herzlich zur Grosselternschaft! Besten Dank für die lieben Wünsche, wir verbringen eine super Zeit hier. Herzliche Grüsse, Corinne&Christoph

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  3. Liebi Corinne u liebe Christoph,
    geeeeniaaal! I bi gd heicho vo mim Spure-Wald-Silviva-Wuchenändi…da lache mi eui vergnüegte Gsichter u die coole Pinguine entgäge. Merci viiumau für eue toll Pricht, da chame richtig echli mitläbe u sechs echlii vorstelle.gäll, mängisch, weme so ungloublechi Bilder mit eigete Ouge gseht, muess me sech chli chlemme, fürz realisiere, dass das würklech ächt isch ume real i däm Bild u dere Stimmig inne isch.
    Machets wyter so guet u ganz eguete Start zu euere Velotour!!…u vilich bringt mir eues “alli Schrüübli…”-Bild echli Glück: bim ERsetze vom kaputte Veloschluch het sech d Flügel- Meutere im Chäller i Luft ufglöst-:) Ganz es dicks Müntschi

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  4. Sone tolle blog!!!so hani ds gfühl gad aues ou chli dörfe mitzerlebe u dir siget gar ni so wyt weg ( im moment emu noni😉-ds heiweh nach dr corä chunnt de sicher no ☺️) !!i freue mi scho ufd fortsetzig!!😘😘😘gniessets dir liebe 2!!

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