San Pedro de Atacama, 2450 MüM, Hito Cajon (Bolivianische Grenze), 4650MüM; soweit die Ausgangslage. Die 2200m Höhendifferenz sind auf ca. 30km zu überwinden, das heisst eine durchschnittliche Steigung von 7-10%. Normalerweise braucht man dafür zwei Tage. Wir wählen für einmal die gemütliche Variante und lassen uns mit Sack und Pack von einer der zahlreichen Tour-Agencies an die bolivianische Grenze fahren. Und brauchen dafür zwei Stunden.
Kurz nach der Grenze beginnt der Nationalpark “Eduardo Avaroa”, den wir in den nächsten Tagen durchqueren werden, die sogenannte Lagunenroute. Um uns nach einer Woche im “Tiefland” wieder an die Höhe zu gewöhnen, quartieren wir uns im Refugio direkt beim Parkeingang für eine Nacht ein.Dort treffen wir auf Hansjörg, der eben von der Besteigung des Vulkans Licancábur zurückkehrt, einer der höchsten Gipfel, die wie auf einer Kette aufgereiht die Grenze zwischen Chile und Bolivien bilden. Der Licancábur ist relativ einfach zu besteigen. Von der Höhe von 5917MüM mal abgesehen. Da er ziemlich allein in der Landschaft steht muss die Aussicht von oben genial sein. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen und beschliessen, für einen Tag die Velo- gegen die Treckingschuhe zu tauschen und das Abenteuer auch zu wagen. Da erst für übermorgen ein Guide verfügbar ist, kommen wir zu einem weiteren Ruhetag, den wir mit schlafen, lesen und einem kurzen “Einlaufspaziergang” verbringen.
Die Nacht wird kurz. Um den Winden etwas auszuweichen, die jeweils im Tagesverlauf zunehmen, fahren wir um 03:00 Uhr mit dem Jeep vom Refugio zum Ausgangspunkt der Wanderung auf 4750MüM los. Normalerweise würde die Wanderung hier gestartet, sagt Ruben, unser Guide, es sei aber gefährlich das Auto dort stehen zu lassen. Wir fahren deshalb noch einige hundert Meter weiter den Berg hoch. Wir finden es zwar eher gefährlich, mit dem Jeep weiter die Geröllhalde hochzufahren, aber zum Glück ist es Nacht, und wir verstehen etwas später, wieso er den Wagen im unwegsamen Gelände “verstecken” will. Um viertel vor Vier stapfen wir dick eingepackt los. Normalerweise braucht man für den Aufstieg etwa sechs Stunden, manchmal etwas mehr, manchmal etwas weniger. Die erste Stunde kommen wir flott voran, der Weg ist noch nicht so steil und wir sind von unserer Passüberfahrt gut akklimatisiert. Bei unserer zweiten Pause, wir sind mittlerweile auf 5300MüM, sehen wir das erste Tageslicht am Horizont, das sich in den beiden Lagunen tief unter uns spiegelt.
Mit kleineren Schritten schnaufen wir weiter den Berg hoch, mal über festen Stein, mal über sandiges Geröll; einen Schritt vor, einen halben gerutscht zurück. Wir sind froh über die ersten wärmenden Sonnenstrahlen, wir frösteln, obwohl dick eingepackt. Dafür bietet sich uns eine grandiose Aussicht auf den Sonnenaufgang. Die letzten Meter kommen wir buchstäblich nur noch im Schritttempo voran, wir bekommen die dünne Luft jetzt deutlich zu spüren. Ansonsten kommen wir mit der Höhe zum Glück sehr gut zurecht, weder Kopfschmerzen noch Übelkeit stellen sich ein. Nach exakt vier Stunden ist es geschafft, wir erreichen überglücklich den Gipfel. 5917 MüM, wir realisieren noch gar nicht richtig, wie hoch das eigentlich ist. Dafür geniessen wir umso mehr die atemberaubende Aussicht, die sich uns in alle vier Himmelsrichtungen bietet. In der Ferne sehen wir sogar das Antennenfeld des ALMA, auf lediglich gut 5000Metern 😊. Der Gipfelstopp fällt kurz aus, es windet und ist bitterkalt, wir machen uns deshalb nach 10 Minuten bereits wieder an den Abstieg. Um die fragile Aufstiegsspur nicht zu zerstören wählt Ruben für den Abstieg eine leicht andere Route. Zuerst rutschen wir über ein Schneefeld den Hang runter, doch die Freude ist von kurzer Dauer. Das Schneefeld geht in ein Geröllfeld über, ein Weg ist nicht mehr auszumachen. Wir rutschen mehr oder weniger kontrolliert mal durch Sand, mal durch grosse, lose Blocksteine, immer darauf bedacht, uns nicht den Knöchel zu versauen. Unsere Treckingschuhe sind hier definitiv nicht das optimale Schuhwerk. Doch wir kommen ziemlich erschöpft aber ohne Blessuren nach drei Stunden Abstieg wieder beim Jeep an. Wir schauen zurück den Berg hoch und sind froh, dass wir in der Nacht gestartet sind, bei Tageslicht bräuchte es doch einige Überwindung, die lange steile Rampe in Angriff zu nehmen. Auch die Rückfahrt erfordert bei Tageslicht deutlich mehr Nerven als in der Nacht. Rubens Anweisung, “kurz die Augen schliessen”, folgen wir umgehend. Kurz vor Mittag sind wir wohlbehalten zurück im Refugio, zwingen uns etwas zu essen und holen am Nachmittag die in der Nacht verpassten Stunden Schlaf nach. Und träumen von unserem Abenteuer Volcan Licancábur.



















Grossartig, was ihr in Bolivien erlebt habt und so eindrücklich beschreibt. Ein Geburtstagsgeschenk an dich, Christoph, zum 33-sten☺? Wir sind gespannt, wie’s weitergeht. Hugs ma und pa
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